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Kultur / vom venezianischen Ritual der Ausschweifungen losgelöst Kein Fasching zum lauten Fröhlichsein... Hallia Venezia: die ruhige Art von Karneval -
rund Einklang zwischen Architektur, staundendem Publikum und kunstvollen Masken suchend, streifte mancher Fotograf am Sonntag Nachmittag mit den Maskenträgern durch die Haller Altstadt. Bereits kurz nach der Mittagszeit hatte das Blitzlichtgewitter am Haller Globe begonnen. Ernst-Walter Hug Schwäbisch Hall. Waren die Maskenträger in diesem Jahr etwas wohlgenährter? Wohl nicht. Es war nur die dicke Winterkleidung unter den oft dünnen Stoffen der fantasievollen Gewänder. Winterliche Kälte machte allzugroßer karnevalistischer Ausgelassenheit einen Strich durch die Rechnung. Dennoch hatten sich gegen 12 Uhr rund 150 Neugierige, sicherlich jeder zweite mit einer Kamera ausgestattet, zum Beginn des nachmittäglichen Treibens von Hallia Venezia vor dem Globe Theater und auf dem Steinernen Steg eingefunden. Vorstellung der Masken sozusagen. Keine Cowboy- und Indianer, keine Araber oder (ganz groß in Mode in diesem Jahr, hieß es im Radio) "Wertstofftonnen"-Kostüme, wie man sie aus dem Vereinsfasching hierzulande kennt, keine Geister und Hexen, wie beim Oberschwäbischen Fasching, kein lautes, grölendes, ausgelassenes Benehmen, wie aus dem rheinischen Karneval: Hallia Venezia ist anders. Anders auch als die in Ritualen karnevalistischer Ausschweifungen erstarrte venezianische Spielart Bei Hallia Venezia stehen die kunstvollen Masken selbst im Mittelpunkt.
Kunst, die sich zum einen in ihrem Schöpfungsakt ausdrückt:
fast alle der in Hall gezeigten Masken sind selbst hergestellt, lehnen
sich an ihre venezianischen Vorbilder allenfalls an. Masken, die zum
andern aber auch Kunstprodukte aus ihren Trägern machen, Figuren,
die sich in zeitentrücktem Tempo durch die alte Architektur der
Stadt bewegten. Dem auf TV-Hektik trainierten Blick manchen Betrachters
mochten die Bewegungen wie in Zeitlupe erscheinen, Figuren, die sich
gegen den bremsenden Widerstand der Zeit selbst aus der Vergangenheit
des 16. Jahrhuderts in die Gegenwart des 21. kämpften, um sich
hier zu Renaissance-Musik auf der in ihrer Zeit entstandenen Treppe
der St. Michaelskirche dem staunenden Publikum zu präsentieren.
Das hatte sich gegen 14 Uhr trotz Minusgraden zu Hunderten auf dem Haller
Marktplatz versammelt, staunte über eine Mischung aus Modenschau-Eitelkeiten,
höfischem Gehabe und Tanz auf der Treppe. Engel und Teufel, Tod
und Mädchen, Sonne und Mond, Melancholie und Fröhlichkeit...
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