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Freundschaft in vierter Generation

Die Familien Haas und Fugate schreiben
und besuchen sich seit 64 Jahren.

64 Jahre schon dauert die Freundschaft zwischen den Familien Haas in Schwäbisch Hall und Fugate in Xenia/Ohio in den USA. Es war 1945 gewesen, als der 13-jährige Hermann Haas den jungen Besatzungssoldaten Oscar Fugate angesprochen hatte, mit seinem spärlichen Englisch das er damals konnte. Unzählige Briefe und Telefonate und weit über 20 Reisen über den Atlantik in beide Richtungen sind bislang daraus geworden

Ernst-Walter Hug

Hall. Als er 22 war und bei der US Air Force hat Chuck Fugate Deutschland mit eigenen Augen kennengelernt. Damals war er im Saarland stationiert. Deutschland war ihm nicht gänzlich unbekannt gewesen. Sein Vater Oscar hatte ihm bereits viel erzählt, von Schwäbisch Hall, wo er 1945 als 21-Jähriger stationiert gewesen war.
Und so machte sich Chuck eines freien Tages mit einem Freund auf nach Schwäbisch Hall, ging auf den Spuren seines Vaters vom Haller Bahnhof hinunter in die Lange Straße, wo Hermann Haas damals sein Haus und seine Bäckerei hatte "Also ich war mehr als überrascht", erzählt der heute 77-jährige Hermann Haas, "als da plötzlich der junge Mann mitten in der Backstube stand und sagte, er sei Chuck Fugate.

Schmökern in Alben mit Bildern und Zeitungsdausschnitten: Chuck Fugate (58) und Hermann Haas (77) Foto: Arslan

"Er hat mich am Arm gepackt", ergänzt Chuck die Geschichte, "und ein Stockwerk höher ins Wohnzimmer gesetzt. Dannist er, ohne viel zu sagen, wieder rausgegangen und erst nach einiger Zeit wieder gekommen. Da hat er dann ein Album in der Hand gehabt. ‘Chuck, Chuck’, hat er gesagt und immer wieder auf ein Bild getippt. Da war ich drauf, als ich 6 Jahre alt war.
Mittlerweile sind viele Bilder mehr und auch Zeitungs-ausschnitte in den Alben, diesseits, wie jenseits des Atlantik. Und aus der zaghaften Freundschaft zwischen dem 13-jährigen Hermann Haas und dem sieben Jahre älteren US-Soldaten ist ein Generationenprojekt geworden. Chuck und seine Frau Darlene sind Paten von Hermann Haas’ Enkeln, sind mit deren Eltern, Hermann Haas’ Kindern befreundet und die wiederum mit Chucks Sohn Kevin. Und auch dessen Kinder Kyle und Seth fragen schon den Opa, wann er sie mal mit nach Deutschland nimmt. Derzeit weilt Chuck Fugate wieder in Hall, um die Konfirmation seines Patenkindes Jennifer, Tochter von Hermanns Sohn Dieter, mit zu feiern. Und auch in deren Schulklasse war Chuck, hat von Amerika und von dieser Freundschaft erzählt, die sich aus einer schlimmen Zeit heraus entwickelt hat und so weit gediehen ist, dass heute bereits die vierte Generation daran festhält. "Die fanden das ‘cool’", freut sich Chuck über die Reaktion von Jennifers Klassenkameraden.
Auch wenn sie nicht wie einst in den 90ern alle über den Großen Teich kommen können, die Familie in Xenia/Ohio nimmt regen Anteil. "Diese Freundschaft ist schon was ganz Besonderes," so Chuck und Hermann übereinstimmend. Und was, so die Frage an Chuck, gefällt ihm an Deutschland so, dass er es vermisst, wenn er wieder in Xenia ist? Die Antwort - wie könnte sie anders sein, wenn der deutsche Freund ein Bäcker ist und das Sprichwort gilt, dass Liebe durch den Magen geht? : "Deutsches Brot, Laugenbrezeln und Schwarzwälder Torte."

 

 

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