Capoeira / Workshop mit Kampftanz-Instructor "Shock"
Der Sport geht auf die Ohren
Als Tanz kaschierte Selbstverteidigung mit kulturellem
Hintergrund
Einen Capoeira Workshop bot der in Hall lebende Brasilianer
Maurilio Cesar Ribeiro am Wochenende in der Kreuzäckerturnhalle
an. Rund 50 Interessierte nahmen daran teil. Ribeiro, der sich als Capoeira-Instruktor
"Shock" nennt, würde sich wünschen, dass dieser
Kampftanz als Sportart bei der Haller TSG akzeptiert wird, vielleicht
sogar als eigene Abteilung.
Ernst-Walter Hug
Hall. Capoeira,
das ist ein fast meterhoch wachsendes Gras, das in der brasilianischen
Savanne wächst. Weil dort sich entflohene Sklaven versteckten,
die sich in der Selbstverteidigung geübt hatten, und es für
ihre Häscher nicht ganz ungefährlich war, ihnen dorthin zu
folgen, nannte man auch diese als Tanz kaschierte Kampfsportart Capoeira.
Capoeria hat sich aus diesen Anfängen in der Sklavenzeit zum Kult
entwickelt. Heute ist es ein kunstvoll, akrobatischer Sport, eine waffenlos
und ohne Körperkontakt praktizierte Kampfsportart, ein Kampftanz.
Wie bei anderen Kampfsportarten auch kann man sich verschiedene Grade
der Erfahrung erwerben, die in verschiedenen Gürtelfarben symbolisiert
wird.
Erinnert bei wirklichen Könnern an die wirbelnden Gestalten,
die man aus chinesischen ationfilmen kennt: Capoeira, der Kampftanz
aus den brasilianischen Dschungelplantagen. Foto: rh
Doch eins ist anders. Zu Capoerira wird Musik gespielt,
ursprüngliche wilde Trommelmusik, begleitet von einem einsaitigen
Saiteninstrument, der Berimbau. Capoeira geht nicht nur rhythmisch ins
Blizt sondern auch au die Ohren.
"Instructor Shock" ist 29 Jahre alt. In Brasilien hat er Capoeira
schon seit frühester Jugend betrieben, geübt, sich einen Namen
gemacht. Instructoren sind weltweit gefragt. Und seit Maurilio Cesar
Ribeiro sich von seiner Firma Optima Group/Inova an den Stammsitz nach
Schwäbisch Hall hat versetzen lassen, ist er in seine Freizeit
als Instructor überall in Europa gefragt: Amsterdam, Leipzig, Paris,
zwei drei Mal im Monat ist er in Sachen Capoeira unterwegs, nicht nur
um den Tanz, den Sport als solchen zu vermitteln, sondern auch die untrennbar
damit verbundene Geschichte und Philosophie.
Mehrmals hat er dies nun schon in seiner neuen Heimatstadt Hall getan,
beim Haller Frühling gab es einen Workshop in der Turnhalle des
Berufsschulzentrums und beim Freundschaftstag eine Vorführung auf
der Bühne.
Wer die 'Profis' mit dem braunen oder schwarzen Gürtel wie Maurilio
Cesar Ribeiro durch die Luft wirbeln sieht (was beim von fernöstlichen
Kampfsportarten und entsprechend reißerischen Filmen 'verbildeten'
Publikum durchaus Assoziationen weckt) und vergleicht mit den Übungen,
die beim Workshop zu sehen waren (die erinnerten in Teilen an Körperverenkungen
und Drehungen von Breakdancern), kann erahnen, welcher Trainingsaufwand,
wieviele Stunden von Übung und welche Körperbeherrschung dahinter
stecken. Jede Bewegung muss bei aller Freiheit der Interpretation, genauestens
eingeübt werden, damit man sich beim Durch-die-Luft-Wirbeln, beim
Abducken und Drehen um den Kampf-Tanz-Partner nicht versehentlich doch
verletzt.
Beim Workshop gab es beides: das mühsame Einüben und die gekonnte,
showartige Vorführung wirbelnder Körper durch die Instructoren.
Denn natürlich konnte "Instructor Shock" einen Lehrgang
mit rund 50 Teilnehmern nicht alleine abhalten. Selbst aus dem holländischen
Eindhoven und aus Leipzig waren Freunde angereist, um zu helfen. Und
während die einen, die Neulinge in ihrer Hälfte der Halle
Grundübungen vollführten, die Grundbewegungen lernten, z.B.
auf allen Vieren rückwärts zu gehen oder Radschlagen oder
mit gestrecktem Fuß über den geduckten Körper des Gegenüber
hinweg zu schwingen, übten sich die Fortgeschriuttenen mit weißem,
gelbem oder orangener Kordel über der weißen Sportkleidung
in komplizierteren Bewegungen und Abläufen. Denn bei den schnellen
Bewegungen des Tanzes von einem ausgestreckten Bein getroffen zu werden,
das wäre ein Knock Out.
Maurilio Cesar Ribeiro hofft, dass Capoeira in Hall kein "Knock
Out" erleidet, sondern in die Liste der vom größten
Sportverein vor Ort angebotenen Sportarten aufgenommen wird. Interesse
ist, das demonstrierte auch die Teilnehmerzahl beim Workshop, sicherlich
vorhanden. Entscheiden aber muss es der TSG-Vorstand.
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